Vereinsgeschichte

Die nackte Wahrheit
Fast 100 Jahre Vereinsgeschichte

Die Freikörperkultur (FKK) ist im Wesentlichen ab dem ausgehenden 19. Jahrhundert in Deutschland entstanden, wo sie – je nach regionaler Ausprägung und Jahrzehnt – auch unter den Bezeichnungen Reformbewegung, Naturisten- und Lichtbewegung firmierte. Die Geschichte der Freikörperkultur ist eng verbunden mit der Geschichte unseres Vereins. Martin Kürzinger gründete am 5. Oktober 1927 mit einigen Freunden die Ortsgruppe München der „Liga Freie Lebensgestaltung“ (LffL). So, wie viele andere Freikörpervereinigungen in der Weimarer Republik wollte man ein Gegengewicht zu den industriellen Bedingungen des Menschen, der Verstädterung und beengten Wohnverhältnisse schaffen. Der Naturismus sollte das physische und psychische Gleichgewicht wiederherstellen, indem er sich der Erholung und Bewegung in der Natur, der gesunden Lebensweise und achtsamen Lebenshaltung widmete. Dabei hatten die frühen Freikörperkultur-Vereinigungen unterschiedliche Ausrichtungen: Entweder wollte man mit der Nacktheit die Gleichheit aller Menschen und alternative Lebensmodelle erproben (wie etwa die Künstler und Künstlerinnen des Monte Verità, Ascona, 1900–1920) oder aber die Rückkehr zum reinrassigen nackten Germanen in Weiterführung der nationalsozialistischen Körperideale demonstrieren, wie es etwa Richard Ungewitter (1869–1958), Vorkämpfer der deutschen FFK-Bewegung, mit seinem antisemitischen Gedankengut betrieb. Ideologiefreie FKK-Vereinigungen gab es in den frühen Anfängen kaum.

Stillstand, Wohlstand, Hochstand

In den Kriegsjahren kommt das Vereinsleben weitestgehend zum Erliegen. Am 27. Januar 1949 wird das Gelände an die Freie Turnerschaft, einem eingetragenen Verein, überschrieben. Die Vorstandschaft arbeitet eine neue Satzung aus, die Basis der heutigen ist. 1952 wird der Verein als „Freie Sportgemeinschaft Amperland e.V.“ ins Vereinsregister eingetragen. Vereinsvorsitzender ist wieder Martin Kürzinger.

In den Jahren 1953 bis 1964 erfährt der Verein große Geländeerweiterung durch Landzukauf und durch Pacht, etwa am oberen Spitz und jenseits der Amper. 1956 erfolgt der Durchstich der Amper mit neuer Flussführung. Die Kosten hierfür belaufen sich auf 3000,- DM. 1958 wird der zweite Faustballplatz planiert. 1964 reißt die Amper durch Hochwasser trotz der Uferschutzbauten einen ca. sechs Meter breiten Uferstreifen weg. 1961 werden weitere angrenzende Grundstücke gekauft. Zur Finanzierung wird eine Umlage von 20,- DM beschlossen. In diesem Jahr werden die Armbändchen für Mitglieder und Gäste eingeführt. Der Verein zählt mittlerweile 815 Mitglieder.

1965 erfährt das Gelände durch Überschwemmung schwere Schäden, es kann den ganzen Sommer nicht benutzt werden. Die Schadensbehebung, u.a. das Ausbaggern des Amper-Arms, erfordert 3.000,- DM. Die Mitglieder beschließen eine Sonderumlage in Höhe von 50,- DM. Der Verein zählt über 1.000 Mitglieder. 1967 feiert die FSA ihr 40-jähriges Vereinsjubiläum. Der Verein zählt 1.350 Mitglieder. Der Bau der Jugendhütte erfolgt 1970, weitere angrenzende Grundstücke mit rund 6.000 m2 werden erworben. Hierzu zählt auch der Geländeteil „Ludwigslust“, benannt nach dem damaligen 1. Vorstand Ludwig Kopf. Die Almhütte wird erstmalig durch ein  Verwalterehepaar bewirtschaftet. Der Verein zählt 1.599 Mitglieder.

1971 wird die Amper ausgebaggert, eine Sumpfstelle durch Umlagerung einer Kiesbank aufgefüllt; es entsteht der neue Geländeteil „Jägerspitz“; auf der Jahreshauptversammlung werden die Ausbaupläne für Strom, Wasser und Erweiterung der WC-Anlagen beschlossen. Im Jahr 1973 wird die Sauna gebaut, der Parkplatz erweitert und die Gästewiese angelegt.

1979 feiert Martin Kürzinger seinen 80. Geburtstag. Die Almhütte wird ihm zu Ehren auf „Martinsklause“ getauft.

Mit Mut und Esprit durch die NS-Zeit

Martin Kürzinger, der 1993 im Alter von 94 Jahren verstarb, erwarb 1930 ein Gelände an der Amper, das sich mit einer Größe von 25.000 m2 von der heutigen Amperalm bis zum unteren Spitz erstreckt. Am 22. April 1930 wird der Kauf in Höhe von 2.200 Reichsmark verbrieft. Die Summe wird durch Darlehen und Zeichnung von Anteilscheinen einiger Mitglieder aufgebracht.

In den Vorkriegsjahren, in denen Nacktkultur eine der größten Gefahren für die deutsche Kultur und Sittlichkeit beinhaltete, wurden Polizeibehörden angehalten, Nacktkulturverbände strengstens zu beobachten. So auch unseren Verein vor den Toren Münchens. Belegbare Schriftquellen zur folgenden Spitzfindigkeit der Amperländer*innen gibt es zwar nicht, die köstliche Anekdote sei trotzdem an dieser Stelle erzählt: Angeblich hatten sich die unter Beobachtung stehenden Amperländer*innen hautfarbene enge Badekleidung zugelegt, die aus ferner Bespitzelung als solche nicht erkannt wurde. Beim polizeilichen Zugriff auf die vermeintlich Nackten musste dann die Obrigkeit feststellen, dass dem Textilbefreiungsverbot durchaus Genüge getan wurde. Mit diesem kleinen Trick verschafften sich die Amperländer*innen eine Beobachtungspause.

Am 17. Juli 1930 wurden alle auf dem Gelände Anwesenden von einem zehnköpfigen Polizeikommando zum Landratsamt abkommandiert. Weil Martin Kürzinger als Grundstückseigentümer agierte und die vorgeladenen Gruppenmitglieder als seine Freunde und persönlichen Gäste bezeichnete, entgingen die Vorgeladenen einer Geldstrafe. Es wurde intensiv am Sichtschutz gearbeitet. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten erfolgte das Verbot der Freikörperkultur-Bewegung deutschlandweit. 1933 erfolgte die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten. Am 3.3.1933 erlässt das preußische Innenministerium einen Runderlass zur Bekämpfung der Nacktkulturbewegung, ab 1934 werden Vereine aufgelöst, Gelände und Vermögen beschlagnahmt. 1933 stürmt die  SA das Amper-Gelände. Weil das Gelände als Privatbesitz auf Martin Kürzinger eingetragen ist, entgehen die Amperländer*innen einer Beschlagnahmung.

1975, wie auch 2019, wird die Brücke zur Insel saniert. 1976 umfasst das Sport- und Erholungsgelände auf nun mehr 12.0000 Quadratmetern u.a. drei Volleyball-, -vier Indiaca-, zwei Kinderspielplätze, Unterkunftshütte, Wirtschaftshütte, Sauna, Duschen, Parkplatz.

Das Hochwasser, das Amperland zu Pfingsten 1999 ereilt, hinterlässt Schäden am Vereinseigentum, die konzertiert beseitigt werden. Im gleichen Jahr ist die Sanierung der südlichen Toilettenanlage und Sanierung und Umbau der alten Dusch- und Saunahütte abgeschlossen.

Heute gehören rund 600 Mitglieder der Freien Sportgemeinschaft e.V. an. Das zusammenhängende Sport- und Freizeitgelände an der Amper im Landschaftsschutzgebiet der Amperauen verfügt über 17 Hektar. Trotz vieler Überlebensschwierigkeiten gibt es die FSA heute immer noch. Dies ist dem immerwährenden Einsatz und der Geistesschärfe der Vorstände und Mitglieder in fast hundert Jahren Vereinsgeschichte zu verdanken. Wir blicken mit Dankbarkeit, Stolz und aus vollem Herzen auf die Leistungen und Errungenschaften aller Amperländer*innen.